Slurp Ramen Joint - Kopenhagen

Vor knapp zwei Stunden habe ich das Noma (zum Bericht) nach einem ausgiebigen Lunch verlassen, bin danach ein wenig durch Christiania gewandert, und merke auf den Weg zurück ins Hotel plötzlich, wie mich der Hunger packt. Ein Vorurteil, das viele mit einem Besuch in einem Fine Dining Restaurant verbinden: kleine Portionen, von denen man nicht satt wird - scheint sich zum ersten Mal in meinem Leben zu bestätigen. Könnte ja sein, allerdings denke ich eher, dass mich der lange Fussmarsch und reichlich Flüssignahrung so schnell wieder hungrig gemacht haben. Denn René Redzepis Restaurant habe ich defintiv gut gesättigt verlassen. Ein kurzer Blick ins iPhone offenbart einen wunderbaren Zufall. Wenn man um 17 Uhr etwas futtern will, landet man oftmals zwangsläufig in der nächstgelegenen Dönerbude oder dergleichen. Wie gut, dass das heute nicht der Fall sein wird. Denn nur wenige hundert Meter von meinem Standort entfernt zeigt mir Maps ein Lokal an, das sowieso auf meiner erweiterten Liste für diese Reise stand: der Slurp Ramen Joint.
Der Ramen-Craze hat vor einigen Jahren auch Kopenhagen erfasst. Macht man sich auf die Suche nach der besten Version von Japans heissgeliebter Nudelsuppe, landet man zwangsläufig beim Slurp Ramen Joint. Ein Blick auf die Historie des Lokals und seine Betreiber offenbart Überraschendes. Denn der Chef des Lokals, ein Österreicher namens Philipp Inreiter, hat eine bewegte Vergangenheit in der gehobenen Gastronomie hinter sich. Neben den Lokalhelden Noma und Relæ kochte er unter anderem auch in Daniel Humms Eleven Madison Park in New York und im RyuGin in Tokio. In Tokio verdingte er sich neben seiner Tätigkeit am Herd von Seiji Yamamotos ikonischem Restaurant auch in zahlreichen Top Ramen Läden der Metropole, wie mir seine Vita verrät. Viel bessere Voraussetzungen, um eine richtig geile Schüssel Ramen zuzubereiten, kann man wohl kaum mitbringen.
Wie beliebt das Restaurant ist, zeigt sich bereits an der beachtlichen Schlange, die sich kurz nach der Öffnung um 17 Uhr vor dem Laden gebildet hat. Eine freundliche Servicedame versorgt die wartenden Gäste mit Kaltgetränken, so sie denn ein kühles Blondes wünschen. So gestaltet sich die Wartezeit von knapp 30 Minuten doch um einiges erträglicher. Einmal drinnen angekommen werde ich am Tresen platziert und auf das sehr übersichtliche Menü hingewiesen. Mich interessieren eigentlich nur die Ramen, doch zur Feier des Tages gönne ich mir vorab noch einen Snack…

slurp_ramen_joint_kopenhagen_edamame

Die Edamame mit Meerrettich sind ganz hervorragend. Knackfrisch, mit herrlichem Biss und wunderbar intensivem Eigengeschmack, der durch den verhältnismässig milden Meerrettich klasse akzentuiert wird.

slurp_ramen_joint_kopenhagen_shoyu_ramen

Die Hauptattraktion lässt nicht lange auf sich warten, schliesslich gelten Ramen gerade in Japan eigentlich als Fast Food. Da steht sie nun also in ihrer ganzen Pracht: eine Schüssel Shoyu Ramen. Shoyu bedeutet nichts anderes, als dass die reichhaltige Suppe mit einer ordentlichen Portion Sojasauce gekocht wurde. Neben reichlich getrockneten Meeresfrüchten, Schweinfleisch, Kombualgen und dergleichen natürlich. Das ergibt eine intensiv salzige (aber nicht übersalzene), enorm tiefe, komplexe und vor Umami förmlich triefende Suppe. Trotz der fast schon überbordenden Kraft, die ihr innewohnt, weist sie eine Eleganz auf, die ich in dieser Form noch bei keiner Ramensuppe gekostet habe. Da schlägt der Fine Dining Hintergrund Inreiters sehr deutlich durch. In der dampfend heissen Suppe, die mit ihrem aufsteigenden Dampf meine Sinne förmlich benebelt, liegt ein Berg von hausgemachten Nudeln (hergestellt aus einer Mischung von japanischem Mehl und einem lokalen Erzeugnis von der Insel Bornholm, sowie etwas gemahlenem Roggen), Chashu, einem eingelegten Ei, Pilzpüree und Frühlingszwiebeln. Neben der betörenden Suppe stechen die Nudeln besonders heraus. Sie erwecken beim ersten Bissen beinahe den Eindruck, (zu) fest zu sein, zeigen sich aber nach der vermeintlich zu starken Gegenwehr perfekt elastisch und kaubedürftig. Dazu verfügen sie über einen unglaublich kräftigen Eigengeschmack, der mit der Suppe eine absolut perfekte Symbiose eingeht. Auch wenn das Schwein ebenso lecker ist wie die Power reinbringenden Pilze, so geht es letztlich doch (fast) nur um das Zusammenspiel von Nudeln und Suppe. Beide Komponenten beeindrucken für sich genommen bereits enorm, doch zusammen bilden sie ein absolut epochales Ramen-Erlebnis.

Schnell bestellen, schnell essen, schnell wieder verschwinden, aber nie mehr vergessen. Das fasst den Besuch im Slurp Ramen Joint am besten zusammen. Das war mit gehörigem Abstand die beste Schüssel Ramen, die ich jemals verspiesen habe. Ein Besuch bei Philipp Inreiter ist ein Muss bei jeder Reise nach Kopenhagen.


Slurp Ramen Joint
Nansensgade 90
1366 Kopenhagen
Dänemark
+45 53 70 80 83
Website