Stay by Yannick Alléno (Yannick Alléno) - Dubai

Stay by Yannick Alléno (Yannick Alléno) - Dubai

Grosse Namen - an Orten, an denen sich der Michelin noch nicht tummelt, wo keine verlässischen Food Magazine oder Webseiten existieren und man keine lokalen Foodies als Bekannte hat, orientiert man sich eben wohl oder übel daran. Als feststeht, dass ich nach Dubai reisen werde und voraussichtlich nur ein Restaurant besuchen kann, das für einen Bericht auf The Important Stuff in Frage kommt, wühle ich mich durch die vielen Stars und Sternchen der Kochkunst, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten Dependancen betreiben. Neben abschreckenden Namen wie Guy Fieri, Nusret Gökçe oder (mittlerweile leider auch) Jamie Oliver, tauchen auch spannendere Köche wie Massimo Bottura, Alain Ducasse, Heinz Beck und dergleichen auf. Obwohl ich vor allem in Asien mit Zweitrestaurants französischer Köche nicht die besten Erfahrungen gemacht habe, fällt meine Wahl schliesslich doch auf einen Chef aus der Grande Nation: Yannick Alléno. Der doppelte Drei-Sterne-Chef zeichnet sich im One & Only The Palm für die Kulinarik der drei hauseigenen Restaurants verantwortlich. Eines davon ist ein Ableger namens Stay - den es ebenfalls in Seoul gibt und der in der koreanischen Metropole mit einem Stern ausgezeichnet ist - der seinen beiden dreifach besternten Stammhäusern in Frankreich kulinarisch wohl am nächsten kommen dürfte.
Nach einer abenteuerlichen Taxifahrt, die in einem Beinahe-Unfall an einer Kreuzung mündete, bin ich erstmal einfach heilfroh, als ich in einem Stück vor dem One & Only stehe. Das Stay befindet sich im hinteren Teil des zwar pompösen aber nicht schrecklich dekadenten Hotels, direkt bei der Poollandschaft. Es ist zwar auch um 20 Uhr noch sehr heiss, doch die Temperaturen bewegen sich in einem Rahmen, den Leute, die etwas weniger auf den Rippen haben als ich, wohl als sowas wie “angenehm” bezeichnen würden, um draussen zu speisen. Die verschiedenen Karten und Menüs habe ich bereits online erkundet und entschieden, dass es heute eine Auswahl von à-la-carte-Gerichten sein soll.

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Den Auftakt macht ein Trio von Snacks. Links ein Happen, der sich um die bescheidene Karotte dreht, in der Mitte etwas geräucherter Lachs mit Gurke und rechts ein Parmesankissen. Auch wenn bei diesen drei Petitessen erkennbare gute Produkte zum Einsatz kommen, hält sich die Begeisterung doch in überschaubaren Grenzen. Schlecht ist das alles nicht, aber sicherlich auch kein Ausrufezeichen, das die Vorfreude auf die kommenden Stunden steigen lässt.

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Das Millefeuille von Sellerie und gereifter Avocado mit Chiasamen und Rübengelée kennt man auch aus dem dreifach besternten Pariser Stammhaus an den Champs-Élysées. Alléno kreiert mit dieser ungewöhnlichen Kombination eine sehr eigentümliche und neuartige Geschmackswelt. Das fängt bereits bei der Avocado an, die man in dieser Güte und Reife hierzulande wohl kaum finden dürfte. Ihr typischer Geschmack wirkt viel intensiver, die Textur mit mehr Biss und gleichzeitig butterzart am Gaumen, fast schon zerfliessend. Diesem Produkthighlight wird das kräftige, an klare Gemüsebrühe erinnernde Umami und der Crunch des hauchdünn aufgeschnittenen Selleries zur Seite gestellt sowie die knusprigen Chiasamen, die das Texturspiel bereichern. Abgerundet wird das Ganze durch die sehr potente Rübensauce, die nach Allénos patentierter Extraktionsmethode hergestellt und mit Ponzu verfeinert wird, und ordentlich erdig-süssen Wumms auf den Teller bringt. Sehr eigenständig, sehr andersartig und vor allen Dingen sehr gut.

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Eine Suppe in der Hitze Dubais? Klar, warum auch nicht. Serviert wird eine Pestosuppe, verfeinert mit Pinienkernen, Garnelencrackern und Rinderpancetta. Die am Tisch angegossene Suppe ist richtig heiss, ziemlich würzig abgeschmeckt und geprägt von einem intensiven Basilikumgeschmack. Der Sommer aus Südfrankreich wurde auf die Wüstenpalme importiert. Schön. Doch damit ist nicht Schluss, denn es versteckt sich hier zusätzlich ein eher unerwartet grossartiges Produkt, das den Gang aufwertet: der Rinderpancetta. Saftig und mürbe zugleich, sehr elegant und nur wenig salzig, komplimentiert er die Suppe hervorragend. Für sich genossen macht er allerdings noch mehr Spass.

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Als weiteren vegetarischen Gang habe ich mich für die interessant klingende konfierte Wassermelone mit Burrata und gesalzenen Kapern entschieden. Angelehnt an den Sommerklassiker ToMozza zeigt sich in dieser Kreation ein einnehmend komplexes Geschmacksbild, das zwar vertraut wirkt, gleichzeitig aber auch irgendwie ganz neu ist. Durch das konfieren erhält die Wassermelone eine eigenwillige Texur, irgendwo zwischen getrockneter Tomate und saftigem Rindersteak. Sehr charmant. Der Geschmack ähnelt demjenigen von sehr reifen Tomaten, jedoch einen Hauch süsser. Das Zusammenspiel mit den Begleitern passt da naturgemäss einwandfrei und ist initial geprägt von grosser Harmonie. Bei der vierten oder fünften Gabel allerdings gerät die Balance etwas aus den Fugen, da ein zunehmend salziger Eindruck dominiert. Abgesehen davon ein wirklich schönes Gericht.

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Dubai ohne übertrieben zur Schau gestellten Pomp und Luxus? Unvorstellbar. Da darf bei der Tartelette von Langoustine und Kaviar mit Zitronenbutter natürlich auch etwas Blattgold obenauf nicht fehlen. Als ob das schwarze Gold nicht schon luxuriös genug wäre. Nun gut, geschmacklich hat die Auflage wenigstens keinen negativen Einfluss. Sehr zu meiner Freude, denn dieses kleine Törtchen ist in Summe sehr gut. Es gibt zwar an den einzelnen Elementen etwas zu mäkeln (Tartelette zu grobschlächtig, zu wenig Zitrone in der Sauce), doch das Gesamtkonstrukt funktioniert und schmeckt hervorragend.

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Sehr klassisch kommt die gebratene Foie gras mit Ingwersirup und Mangocoulis daher. Die Leber ist von guter Qualität, tadellos zubereitet, mit schönen Röstnoten. Während der Ingwer ein wenig Schärfe beisteuert, sorgt er gemeinsam mit der Mango vor allem für die benötigte Frische als Gegenpol zur Foie. Zusätzlich verleiht letztere dem Gericht ein fast schon überbordende Fruchtigkeit, die das Ganze gemeinsam mit ein paar Sesam-Crackern abrundet. Spannend ist anders, aber gekonnt ist gekonnt.

Der ganze Wildfang-Steinbutt a la plancha entpuppt sich bei der Präsentation als etwas anderes, als ich erwartet habe. Die Plancha - in den allermeisten Fällen eine flache Grillplatte, nicht wie hier ein gerilltes Exemplar, wie mir meine spanische Begleitung ebenfalls rückversichert - lässt sich sehr hoch erhitzen und würde im Idealfall für eine schön krosse Haut beim Steinbutt sorgen. Dieser Butt sieht eher nach im Ofen gebacken aus, von Grillspuren ist nichts zu sehen. Wie dem auch sei, probieren werde ich ihn natürlich trotzdem. Zum hochwertigen Plattfisch werden Pommes Anna, Fenchel sowie Muscheln kredenzt. Auch wenn mir das erhoffte Grillaroma ein wenig fehlt, kann ich diesen Teller eigentlich nicht tadeln. Der Fisch ist saftig, die Muschelsauce dazu leicht aber vollmundig. An den Pommes Anna, die aussen schön knusprig und innen luftig-weich sind, gibt es ebenso nichts auszusetzen wie am knackig-frischen und ätherischen Fenchel. Lässt man die in meinen Augen nicht korrekt beschriebene Zubereitungsmethode ausser Acht, weiss auch dieser Gang durchaus zu überzeugen.

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Pochiertes Bressehuhn, Sellerieravioli und eine Spargelvelouté sind die namentlich genannten Protagonsiten des Hauptgangs. Dazu gibt es noch eine Geflügeljus sowie drei Toast-Quader mit Geflügelleber. Besser als in diesem Fall kann man das berühmte Huhn aus dem Osten Frankreichs nicht zubereiten. Saftig, zart, angenehmer Biss, und von einer enorm hohen Qualität, das sich in einem superben Geschmack niederschlägt. Diese intensive Geflügelnote wird durch die Jus zusätzlich akzentuiert. Dazu passen vor allen Dingen die Spargeln ganz hervorragend, sorgen sie doch mit ihrer knackigen Frische für einen willkommenen Konterpart. Über den Sinn der Ravioli auf diesem Teller lässt sich zumindest streiten, da sie in meinen Augen schlicht überflüssig sind. Auch wenn sie für sich genommen ganz gut sind. Sehr passend sind dagegen die knusprigen Toastscheiben, die den sowieso schon kräftigen Geflügelgeschmack nochmals zusätzlich befeuern. Alles in allem ein toller Hauptgang mit einem veritablen Produkt-Glanzpunkt.

Auch wenn die Portionen nicht eben üppig erscheinen, bin ich nach sieben à la carte Tellern doch ziemlich satt. Für etwas Süsses muss der Platz aber noch reichen. Meine Wahl fällt auf eine "Baked Alaska”, die mit Ananas und tasmanischem Pfeffer serviert wird. Wie es sich für ein Etablissement dieser Klasse gehört, wird das auch Omelette surprise genannte Dessert am Tisch publikumswirksam mit reichlich Feuer fertiggestellt. Die Show war imposanter als das Endprodukt, wie ich schnell rausfinde. Den Pfeffer kann ich beim besten Willen nicht mal entfernt wahrnehmen und der Ananas fehlt jegliche Säure, was das ganze zu einer enorm zuckrigen und klebrigen Angelegenheit macht. Klassische Desserts in Ehren, aber das hier funktioniert leider auf keiner Ebene.

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Zum Glück gibt es noch eine zweite Süssspeise, die erkundet werden will. Dünn aufgeschnittene Erdbeeren werden ganz simpel mit einem Litschi-Eis kombiniert. Und natürlich als perfekter Dubai-Abschluss nochmal mit einem obligaten Goldblättchen obenauf abgerundet. Dieser Teller macht in seiner Einfachheit alles richtig. Fruchtig, exotisch, nicht allzu süss, ein optimales Dessert für die auch zu später Stunde noch drückende Hitze der Emirate.
Aufgrund des vielen Essens, des Weins und der ungewohnten Hitze, vergesse ich doch glatt die Petits Fours, die man hier in einer Art Pâtisserie-Showküche (genannt “Pastry Library”) aussuchen kann. Beim nächsten Mal dann.

Als ich den Tisch im Stay by Yannick Alléno reserviert habe, und selbst noch bei der Anreise vor dem Dinner, bin ich vom Schlimmsten ausgegangen. Ein Restaurant, das nur da ist, um Kohle zu scheffeln, den eigenen Namen bei der gut betuchten Klientel ins Gedächtnis zu pflanzen und keinen grossen kulinarischen Wert hat. Doch was die Küchenmannschaft im Namen Allénos fabriziert, hat durchaus Hand und Fuss. Einen grösseren technischen Lapsus gab es heute Abend ebensowenig zu verzeichnen wie minderwertige Ware, die zum Einsatz kommt. Es ist zwar auch in diesem Zweitrestaurant eines bekannten Chefs nicht alles Gold, was glänzt, doch insgesamt bewegt sich das Stay grösstenteils auf relativ solidem Ein-Sterne-Niveau. Nimmt man die relaxte Atmosphäre unter Palmen, das beruhigende Plätschern des Wassers im Hintergrund und die attraktive Poollandschaft dazu, ist ein Besuch dieses Restaurants beinahe unabdingbar, wenn man in Dubai nach gehobener Küche sucht.


Stay by Yannick Alléno
One & Only The Palm
West Crescent
Palm Jumeirah
Dubai
Vereinigte Arabische Emirate
+971 4 440 1030
Website